„Doch merkt ma’s, wenn’s da is, im Augenblick kaum, ma spannts erst danach beim In-Rückspiegel-Schaun.“
So heißt es vom Glück im Bayrischen Gedicht von Helmut Zoepel.
Als ich auf der Suche nach einem guten Platz, um den Sonnenuntergang abzulichten, im Gestrüpp am Bach umherstreife, bin ich eher darauf bedacht, nicht abzurutschen und im Wasser zu landen.
Und dennoch sind da die Momente, in denen ich inne halte und mir einen Blick auf das Wunder dieses schönen Abends gönne.
Die Sonne rollt langsam vom Himmel herab, verfängt sich in den Gräsern am anderen Bachufer, ehe sie langsam wie ein erlöschendes Streichholz hinter den Baumkronen verglimmt.
Sonnenuntergänge gibt es jeden Tag – und jeden Tag sind sie etwas Neues und Einmaliges, so noch nie da gewesenes.
Das Erdulden der einsetzenden Kälte ist der Preis für dieses Schauspiel, doch wer das nicht auf sich zu nehmen bereit ist, verpasst vielleicht die schönsten Momente seines Lebens.
Der Himmel glüht noch lange nach dem Versinken der Sonne nach, beinahe minütlich wechseln seine Farben – welch ein Schauspiel.
Die Blaue Stunde setzt ein.
„Beim In-Rückspiegel-Schaun“ am nächsten Morgen taucht aus der Erinnerung ein längst vergessen geglaubtes Bild aus der Kindheit auf. Mit Freunden stehen wir am weiden- und erlenbewachsenen Ufer eines Totarmes des unweit mäandrierenden wilden Flusses und sehen regungslos wie die Indianer, die wir gerade darstellen, dem Sonnenuntergang zu. Vielleicht werden im Schutz der Dunkelheit die Bleichgesichter angreifen…
„ma spannts erst beim In-Rückspiegel-Schaun.“