Kreideküste (1)

Von oben wirken die nur am Meer zutage tretenden Felsen wie von einem gelbgrünen Pelz dem noch vorhandenen Laub der Buchenwälder bedeckt.
Von unten aber ist es ganz eigenartig – nicht aus der Nähe, sondern erst aus der Entfernung, im Überblick kann man vom steinigen Meeresstrand aus das Feine dieser wunderbar eleganten Faltenwürfe der Kreidefelsen entdecken.
Aus der Nähe wirkt das Weiß von Feuersteinketten durchsetzt eher gelb, schmutzig, grau, lehmig. Bedrohlich. Denn denkt man daran, welche Tonnenmassen von Lehm und weicher Kreide hier zig Meter übereinander geschichtet sind und nur darauf lauern, dem Druck nachzugeben, abzurutschen, den Baumpelz, der winzig oben über die Kante hängt abzuwerfen und alles, was hier unten im Weg steht, zu verschütten.
So geschieht das vergleichsweise häufig und leider auch kostete das schon Menschenleben. Das ist bei jedem Schritt, den man hier unten auf dem schmalen Landstreifen tut, bewusst.
Wie aber erfasst man das Einzigartige dieser Landschaft im Bild?
Das Licht ist herbstlich, etwas golden angehaucht, das Laub der Buchenwälder verstärkt das noch, darüber ein schwerer Wolkenhimmel mit Flecken von Blau und ein blaugrün rauschendes Meer. Die Felsen sind nicht so weiß, wie man das von Kreide im Allgemeinen erwartet. Es bietet sich ein intensiv farbiges Bild mit großen Kontrasten.
Der Kopf, der dieses Bild aber aufnimmt, sagt aber etwas ganz Anderes zum Beispiel angesichts des waghalsig am Abbruch tanzenden Baumes oben. Bald wird er dort oben nicht mehr sein.
Der Kopf lehnt den profanen Eindruck vom schweren rutschigen Kreidelehm, der sich unmittelbar vor den Augen bietet, ab.
Der Kopf will das Zarte, Filigrane, diese Eleganz und Größe, die hier in jedem Detail steckt, mitnehmen.
Der Versuch ist, das was man sieht und empfindet, wiederzugeben, indem man dem eigentlich schattigen Ufer viel mehr Licht mitgibt, als es im Augenblick hat. Helligkeit, Weiß, pastellfarbene Gelb- und Grüntöne, ein cremefarbener Himmel…
Das reale Bild wird anschließend nicht in einer aufwändigen Nachbearbeitung verfremdet und der Stimmung passend gemacht, sondern schon im Augenblick der Aufnahme soll der subjektive Eindruck gespeichert und sichtbar werden.

25 Kommentare zu „Kreideküste (1)

  1. Wow great photos! I want to be there! 🙂

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    1. Thanks 🙂 Thats how I feel 😉

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  2. Beautiful pictures my friend !

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  3. Die Natur ist der beste Baumeister. Und du hast das gut gesehen. Danke für die Fotos 🙂

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    1. Du sagst es 😊 und keine Ursache.

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  4. Einfach wunderschön. Vor rund vier Wochen standen wir selbst noch am kleinen Wasserfall des Kieler Bachs auf Rügen unterhalb der Kreidefelsen und haben uns von der Insel, dem Meer, den Felsen, dem Herbst, den Buchenwäldern berauschen lassen.
    Ich freue mich schon auf die nächsten Beiträge der Serie.
    Liebe Grüße von Lutz an Lutz.

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    1. Danke Dir Lutz 😊
      Rügen ist landschaftlich sehr vielseitig und schön. Da braucht es eine Weile, um alles aufzunehmen.

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  5. Deinen Eindruck sichtbar machen, auch für uns Betrachter – das ist Dir wirder ganz vortrefflich gelungen!

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    1. Vielen Dank für das Lob 😊 Es ist immer eine Art Spagat, das Bild nicht zu verfremden und das Natürliche zu belassen und trotzdem etwas mitzugeben, was man im Kopf davon behält.

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  6. Absolut einzigartig und überwältigend schön!

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    1. Ja, so ist es 🙂 Könnte sofort wieder hin…

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  7. Ein herrlicher, ungewöhnlicher und nachdenklich stimmender Anblick.
    Wann ist einem angesichts einer Landschaftsform so bewusst, wie viele kleine Lebewesen an ihrem Entstehen beteiligt waren?

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    1. Du hast Recht – und wenn man überlegt, dass alles permanent in Veränderung ist, mal schneller, mal langsamer un alles immer wieder in neuen Foremn entsteht und der Mensch darauf keinen (vernichtenden) Einfluss hat, ist das irgendwie tröstlich… 🙂

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      1. Ja, so denke ich auch 🙂

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  8. Tolle Fotos , dieser gigantischen weißen Riesen. Ich habe diese Kreidefelsen sowohl auf Rügen als auch die auf der Insel Moen in Dänemark besucht. Ich hatte das gleiche Gefühl das dich bei deinem Besuch überkam, eine Art Unsicherheit. Immer das Gefühl es könnte etwas von bekommen ,dabei aber immer wieder den Blick auf den Boden gerichtet . Denn nirgendwo findet man sonst so viel Fossilien wie dort . Donnerkeile, versteinerte Seeigel und vieles mehr, dabei aber immer ein mulmiges Gefühl im Bauch. Dein Beitrag und deine Fotos waren für mich eine schöne Erinnerung, meines eigenen Besuchs . Vielen Dank dafür.
    Gruß Werner

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    1. Danke Dir Werner 🙂 Freut mich sehr, wenn das auch schöne Erinnerungen bei Dir weckt. Wenn man da unten steht, weiß man eigentlich genau, dass es wohl keine Fluchtmöglichkeit am schmalen Strand gibt. Trotzdem verdrängt man das und es ist immer wieder schön. Moen steht bei mir auch noch auf der Liste.
      LG Lutz

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    1. Danke – könnte tagelang dort zubringen

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  9. WOW … das sind absolut imposante Fotos.

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    1. Danke Dir – diese Landschaft ist einfach fantastisch.

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