Weimar-Holzland-Runde 2008

Weimar – Holzland- Runde 2008
Die Generalprobe

Noch ist die Euphorie nicht in dem Maße eingetroffen, wie ich das erwartet hatte. Wobei aber auch die Spannung vor dieser Tour und demzufolge die Entspannung danach nicht ganz so groß war, wie vor dem Fläming-Marathon und es auch nicht die Volksfeststimmung wie im Spreewald gab, mit dem tollen Gefühl, im Ziel die goldene Gurke um den Hals gehängt zu bekommen.
 Insgesamt war es bisher die längste Tour, die ich in meinem Leben an einem Tag gefahren bin. Und mit 2100 Höhenmetern war sie für mich auch recht anspruchsvoll, was die Berge betraf.
Aber da auch diese Tour im Prinzip „nur“ unter dem Thema Vorbereitung auf den Höhepunkt 2008 Zweenfurth – Rostock lief, ist mein Gefühl wohl deshalb nicht so überschwänglich wie beim letzten großen Marathon. 
Trotzdem bin ich sehr erstaunt, wie gut ich diese Strecke und dieses Profil wegsteckte. Körperlich, abgesehen von Müdigkeit, spüre ich keinerlei unangenehme Nachwirkungen. Kein wund geriebener Hintern, keine Krämpfe in den Beinen, keine Schmerzen… Alles ist ok.
Und so kann ich der Ostsee-Fahrt 2008 nun recht gelassen entgegen sehen. Alles scheint machbar!
 Tja, was bedeuten aber diese Streckenlängen?
300 Kilometer sind schon eine ganz andere Kategorie als 200. Das spürte ich auch am Freitag ganz deutlich.
100 Kilometer bedeuten bei einer solchen Tour fast nichts, wenn das Ziel von vornherein anders gesteckt ist.
200 bedeuten, 2/3 sind geschafft, das Meiste ist bewältigt, theoretisch wäre hier ein kleinerer Marathon beendet.
Eigentlich könnte man hier am Ziel sein. Aber nun liegen noch 100 endlose böse Kilometer vor Einem, die man abspulen muss. Und wie auch beim Fläming-Marathon kam mein Krisenpunkt bei ca. 280 Kilometern, als die Zweifel kamen, als ich zum Telefonhörer hätte greifen können, Mike anzurufen, um die Ostsee-Fahrt abzusagen. Aber dieses Mal hatte ich damit gerechnet, war in gewissem Maße darauf vorbereitet, wusste, dass dieser Punkt kommen würde und konnte in diesem Moment darüber nur grinsen.
300 Kilometer bedeuten auch, den gesamten Tag lang bis auf kleine Pausen nichts anderes zu tun, als auf dem Fahrradsattel zu sitzen und zu kurbeln, zu kurbeln, zu kurbeln. 300 Kilometer und 2100 Höhenmeter bedeuten für mich eine Nettofahrtzeit von über 13 Stunden, bedeuten, die Landschaft, durch die man fährt, nicht unbedingt genießen zu können, sondern zum Beispiel den nächsten Anstieg vor sich zu sehen, sich die nächsten drei Dorfnamen und die Route merken zu müssen, sich die Kräfte in den Bergen bewusst so einzuteilen, dass man sich nicht verausgabt, um schließlich noch bis nach Hause kommen zu können.
300 Kilometer bedeuten, stundenlang einem aufziehenden Unwetter entgegen fahren zu müssen, nicht von der Route abweichen zu können, weil man nicht weiß, wie viel Umweg der müde Körper noch zulässt. Aber 300 Kilometer bedeuten nun auch, dass 400 nicht mehr unerreichbar scheinen.
300 werden schon fast zur Arbeit. Und wie weit will man das dann noch treiben? Wo sind die Grenzen? Muss man dann immer wieder neue persönliche Rekorde aufstellen? Ich denke, der Genussfaktor sollte auf jeden Fall entscheidend bleiben.
Die geplante Ostsee-Fahrt wird wohl letztendlich mehr eine Sache des Kopfes als der körperlichen Leistungsfähigkeit. Wie motiviere ich mich, nach 280 Kilometern, noch einmal 120 Kilometer, welches ja im Prinzip schon einer guten Tagestour entspricht, einfach weiter zu fahren.

Freitag, 23.05.2008
Um vier klingelt mein Wecker. Ich habe zu tun, die Augen zu öffnen, bin ziemlich müde. Mit dem Gedanken im Hinterkopf, dass es im Prinzip keine Rolle spielt, ob ich nun eine Stunde später heute abend ankomme oder eine Stunde mehr oder weniger für diese Route brauche, habe ich aber trotzdem gut geschlafen.
Über unserem Haus dröhnen die landenden DHL-Maschinen, das wird mir sonst, wenn ich halb sechs aufstehe, gar nicht so bewusst. Frühstück, dann, erwartungsgemäß wird es etwas später als geplant, sitze ich 04:42 Uhr auf dem Rad. Es ist noch recht dunkel, ich brauche das Licht.
Wind ist von NO angesagt, aber wie ich später merke, weht der zunächst von N, dann mehr von O bzw. SO. Kleinpösna, Holzhausen, Liebertwolkwitz, die Straßen sind noch schön leer. Wachau, dann schwenke ich zum Ufer des Markkleeberger Sees ab, folge der Seen-Allee nach Markkleeberg, streife den Cospudener See am Nordufer und biege dann nach Knauthain ab. Wetter ist trübe, einige wenige Regentropfen fallen, kühl ist es auch. Langsam dämmert es, aber bei den dichten Wolken wird es nicht sehr viel heller.
In Kitzen verfahre ich mich, das bringt 4 Kilometer mehr 😉 Die Landschaft im Leipziger Südraum wirkt auf mich immer wieder recht trostlos, bis Weißenfels hinüber macht das alles einen recht tristen Eindruck. Aber das kann auch am Wetter und meiner Stimmung liegen, denn ich hatte laut Wetteronline auf Sonne und nur ein paar Wölkchen gehofft. Weit ist die „Wolkenfabrik“ bei Lippendorf zu sehen… Aber so richtig klar ist die Windrichtung auch nicht, in Bodennähe weht der in eine andere Richtung als dort oben, wo diese Wasserdampfschwaden hintreiben. Na mal sehen, wie sich das entwickelt.
Rasche Abfahrt von der A9 -Brücke nun nach Weißenfels, stellenweise Kopfsteinpflaster, eklig, dann streife ich das Zentrum nur und bin im Handumdrehen schon auf der Bundesstraße nach Naumburg, wo der erste 10%er auf mich wartet. In einem Bushäuschen, nach zwei Dritteln des Anstieges aber zwinge ich mich nun zur Rast. Es ist 7:25 Uhr, es sind 63,85 Kilometer (2:33:30 Std.) zurück gelegt, das ist mehr, als es vor dieser ersten Pause sein sollte. Ich muss mich unbedingt wieder zum 2-Stunden-Rhythmus disziplinieren! Sonst verausgabe ich mich viel zu zeitig.
Nun ein Stück Bundesstraße nach 5 Kilometern Abzweig nach Schönburg. Und jetzt endlich ist das Saaletal erreicht. Bei schönem Wetter wäre das hier traumhaft! Schilder, die den Weg zur Gaststätte „Neue Welt“ weisen, die Saaleaue, dann der Blick nach Naumburg. Schade, dass es so trübe ist…
Naumburg ist bald erreicht. Das Zentrum der Stadt, ursprünglich hatte ich vor, ein paar Fotos am Dom zu machen, vermeide ich aber nun auf der Umgehungsstraße, denn es ist später, als ich dachte. Schulpforta, mein letzter Besuch hier liegt über 25 Jahre zurück, ich glaube, in der 10. oder 11. Klasse waren wir einmal auf einer Exkursion hier. Wenigstens muss ich noch ein paar Bilder knipsen, ehe es weiter geht. Schön, dieses alte ehrwürdige Bauwerk in diesem Tal.
Bad Kösen, bei dem Wetter ist das heute nicht so toll, aber von dieser alten Saalebrücke gibt es von uns noch Dias aus den 60er Jahren, als wir in diesen Steinnischen hocken und auf die Saale hinunter starren.
Ich fahre rasch weiter, auf der anderen Saaleseite, die mäandrierend durch dieses Tal strömt, oben auf den Kalkfelsen stehen majestätisch Rudelsburg und Burg Saaleck. Tief darunter der Fluss, der an den Felsen nagt. Es ist immer wieder, so oft ich schon hier war, ein Anblick, den ich wunderschön finde.
Nun auf der Straße weiter nach Bad Sulza, ich verlasse das Saaletal, jetzt fließt die Ilm zu meiner Linken. Wenige Kilometer, dann rolle ich durch Bad Sulza, aufwärts, vorbei an der Toscana-Therme, wohlbekannt von unserer vorletzten Hochzeitstags-Tour. Durch die Straßenbaustelle komme ich mit dem Rad zum Glück gut durch, dann, im Zentrum, sehe ich schon das Schild nach Auerstedt.
Und nun folgt ein Anstieg von langen 10% bis 12%, hinaus aus dem Ilmtal hinauf auf die begrenzenden Höhenzüge, der mir schon etwas Sorgen macht. Weniger die Steigung von 12%, die bin ich ja nun doch schon ein paarmal in diesem Jahr gefahren, als vielmehr der Gedanke, dass ich solche Berge auf die Länge der heutigen Tour wohl auf die Dauer nicht durchhalte. Also versuche ich, diesen Kanten möglichst langsam und schonend anzugehen. Nach Auerstedt geht es ebenso steil wieder hinab. In Auerstedt selbst, wo ich etwas mehr Informationen und Sehenswürdigkeiten in Bezug auf die große Schlacht Napoleons gegen die Preußen erhofft hatte, gibt es lediglich ein Schlossmuseum. Doch dafür habe ich leider keine Zeit.
Auerstedt war damals von entscheidender Bedeutung, denn in dieser Schlacht bekam das schwache Preußen von Napoleon quasi den letzten Stoß und wurde auf lange Zeit ruhig gestellt.
Weiter, nun im welligen Gelände auf einer Art Hochfläche gen Westen, Südwesten, Willerstedt, dort die nächste Pause. Es ist 9.40 Uhr (112,70 km, 4:37:06 Std.), eigentlich wollte ich jetzt schon in Weimar sein, aber bis dorthin sind es noch über 20 Kilometer. Es regnet ein wenig, zwischenzeitlich schien es aber, als ob die Sonne sich durchsetzen würde. Kurz vor Weimar lauert der schließlich nächste größere Anstieg, ich muss über den Kleinen Ettersberg, danach rollt es jedoch wunderbar bis ins Zentrum hinab. Nur der Autoverkehr nervt und wenn man dann auf dem Rad auch noch diese Kutschen überholen muss…
In der Altstadt (mit vielen Kopfsteinpflasterstraßen!) muss ich ein wenig suchen, aber der Weg zur Ilm ist nicht zu verfehlen und 10:50 Uhr sitze ich auf einer Bank vor dem Goetheschen Gartenhaus (134,05 km, 5:34:31 Std.). Das war heute das erste große Ziel. Dieses Haus wollte ich unbedingt einmal wieder sehen. Aber leider habe ich auch hier nicht die Zeit und Kleidung, mir das von innen anzusehen. Also kurzer Anruf zu Hause auf den Anrufbeantworter, Rast, essen, trinken, ehe ich wieder aufbreche…
Idyllisch ist dieser Park, gern würde ich mir Weimar auch mal in Ruhe beschauen. Mit dem Sachsenticket ergibt sich sicher aber auch mal eine Möglichkeit, das mit den Kindern zu machen. Gerade in die Anna-Amalia-Bibliothek würde ich unbedingt…
Die Straße nach Mellingen und weiter nach Magdala ist recht ruhig. Ein wenig scheint auch ab und an die Sonne durch kleine Wolkenlücken, aber im Gegenzug werden die von Nordosten heran ziehenden Wolken dicker und schwärzer. Das kleine Bachtal, in welchem diese Straße abwärts führt, ist recht schön. Magdala, nun nach Süden, es folgt der Anstieg auf den höchsten Punkt der Tour. Zunächst liegt vor mir ein weites flaches Tal, welches sich zunehmend verengt, die Straße wird immer steiler, ehe es mit 7% im oberen Ende nach Keßlar hinüber geht. Keßlar, ein kleines Dorf, ist 410 Meter hoch auf einem Seitenkamm gelegen. Südwestlich sehe ich die Thüringer Berge, östlich kann man die Höhen um Kahla erkennen. Nach Kahla geht es nun fast 15 Kilometer lang ausschließlich sanft bergab.
Damit verbessere ich meinen Schnitt etwas und insgesamt komme ich auch dazu, nun doch einmal ein Auge für diese schöne Landschaft zu haben. Mit sanft gerundeten Kalkbergen, deren Hänge stellenweise steinig und nur spärlich bewachsen sind, ziehen sich die Seitenkämme zur Saale hin, die Dörfer in diesem Tal wirken weltabgeschieden und verlassen. Es ist einfach herrlich hier unten. Aber schnell ist Kahla erreicht. Wieder Autochaos auf der Saaletalstraße, ich muss durch die Stadt, auf der anderen Saaleseite gönne ich mir nun die Mittagspause, betrachte das schöne Saaletal, über dem sich die steilen Kalkfelsen erheben, hoch oben thront die Leuchtenburg auf der Bergkuppe. (12:50 Uhr, 173,77 km, 7:13:30 Std.)
Wieder, auch heute, ist es für mich erstaunlich, wie rasch diese paar Minuten Rast wirken und der Körper sich wesentlich erholt. Schien es auf den letzten Kilometern trotz der Abfahrt recht mühevoll, gab es wieder so etwas wie einen kleinen Leistungsabfall, so genügen jetzt ein Brötchen, Nüsse, Trockenfrüchte, ein Hanuta und ein paar Schlucke Wasser und Apfelschorle mit Energy-Kohlehydrat-Pulver, um mich wieder völlig herzustellen. Und heute habe ich auch keine Angst vor einem Kollaps, denn ich habe nicht das Gefühl, mich so verausgabt zu haben, dass nichts mehr geht.
 Auch der Anstieg hinauf nach Seitenroda, knapp unterhalb der Leuchtenburg, vor welchem ich aufgrund der Länge von 3 Kilometern und der Steigung schon Respekt hatte und welcher auch mit 12% ausgeschildert war, ist an sich kein Problem. Es werden, selbst in den Kehren, tatsächlich nie über 8%. Womit sich die Frage erhebt, wie solche Prozente ermittelt werden . Sind das Spitzenwerte bei Rampen oder Kehren, sind das Durchschnittswerte, weiter oben unter der Burg sollen es 20% sein?  Also schaffe ich das nun nach 175 Kilometern immer noch recht entspannt, ziemlich langsam aber gut im Ausdauerbereich und kräfteschonend, mich dort hinauf zu kurbeln. Ab und zu gibt es schöne Ausblicke auf die Thüringer Berge im Süden und das tiefe Saaletal.
Hügelig weiter bis Oberbodnitz, dann kleine Waldstraße hinab nach Unterbodnitz. Heftiger und unvermuteter 12%er hinauf nach Magersdorf, den habe ich übersehen, kann nicht mehr schalten und muss dort in einem zu großen Gang hoch, noch einmal 10% und dann abwärts nach Großbockedra und weiter, weit hinab ins Tal via Rausdorf. In Rausdorf halte ich kurz an. Hier wohnte die Tante meiner Tante 🙂 Hier waren wir, als wir noch Kinder waren, ab und zu mal zu Besuch und sogar einmal ein paar Tage im Urlaub. Ein Paradies ist das hier in diesem schönen Tal inmitten der Waldberge des Holzlandes. Nur wenige Kilometer von Jena entfernt und doch hat man hier das Gefühl, die Zeit sei stehen geblieben.
Bis kurz vor Stadtroda ist viel Verkehr auf der Straße, doch dann biege ich ab, kurze Rast, dann wieder hinauf über Ruttersdorf und Albersdorf gen Bad Klosterlausnitz. Ein kurzer Regenschauer, im Wald weiter oben ein 8%er, aber das dürfte es heute langsam gewesen sein! Na ja, die paar hundert Meter lang ansteigende Straße, aber dann war es das tatsächlich. Hier erreiche ich 375 m Höhe, ehe es schließlich bergab geht. Bei Albersdorf „knacke“ ich die 200-Kilometer-Marke, aber noch sind es mindestens 100 Kilometer, die ich heute fahren muss. Nur, was soll noch passieren?
Bad Klosterlausnitz, ein netter Ort, Weißenborn, ein verschlafenes Dörfchen und schließlich das Mühltal, an dessen oberem Ende ich die nächste größere Rast einschiebe. (15:05 Uhr, 210,76 km, 9:03:25 Std.)
Viele Ausflügler und Radfahrer sind hier unterwegs. Vom schönen Tal bekomme ich allerdings auf der rasanten Abfahrt wenig mit. Auf neuem gut asphaltiertem Radweg erreiche ich parallel der Bundesstraße bei Hartmannsdorf das Elstertal. Die Berge liegen hinter mir. Ab jetzt wird es nur noch flach. Crossen, Wetterzeube, es rollt hervorragend, der Wind weht hier im Tal von Südost, das bedeutet, ich komme unvermutet schnell voran. Das hätte ich nicht für möglich gehalten, nach über 200 Kilometern noch mit einem 26er-Schnitt durch die Gegend zu fahren!
Und dann läuft da eine (nicht ganz) schwarze Katze von links nach rechts über die Straße, nach Zeitz sind es nur noch 8 Kilometer. Land in Sicht… Die Baustellenschilder habe ich wieder einmal ignoriert, so schlimm wird es nicht werden… Mit dem Rad… Aber diese Katze! Und es wird schlimm!
Die Straßenbrücke über die Bahnlinie Zeitz – Gera ist abgerissen, man baut dort, keine Chance, auf die andere Seite zu kommen. Was nun?! Zurück bis Wetterzeube?! Über den Berg?! Schaffe ich das noch?! Im Prinzip schon, aber das sind 5 Kilometer, die ich zurück müsste!
Also nehme ich im letzten Dorf die erstbeste kleine Straße, die „Droyßiger Straße“, von der ich erwarte, dass sie mich hinauf nach Droyßig und von dort weiter nach Zeitz führt. Die Richtung stimmt wirklich, „Droyßig, 2,5 km“ steht auf dem nächsten Schild. Aber das ist ein Wanderwegweiser und die Straße mutiert zum steinigen Wanderweg, der mindestens seine 25% hat!!!
An Fahren ist nicht zu denken, also heißt es jetzt schieben! Schlecht ist die Gegend hier nicht, aber der Zeitpunkt für diese Aktion scheint etwas unpassend. Endlich oben angekommen, wähle ich die Wanderweg-Alternative nach Mannsdorf, 3,5 km entfernt, das scheint mehr in Richtung Zeitz zu liegen und nun kann ich streckenweise sogar wieder fahren.
Mannsdorf, Kopfsteinpflaster übelster Kategorie… Und dann beginnt es auch noch zu regnen. Schon bei Crossen sah ich die dunkel drohenden Wolken, den sich verfinsternden Himmel, aber letztendlich hatte ich heute immer Glück, so irgendwie gerade zwischen den Schauerwolken hindurch zu huschen. Blöde Katze!
Nun wird es richtig nass. Über Zeitz sieht es richtig apokalyptisch aus! Breche ich ab, nehme ich den Zug?! Aber nass bin ich jetzt sowieso, durch Zeitz schlängele ich mich zügig durch, dann fahre ich schon kurz darauf auf der Straße nach Tröglitz. Mein Fahrradcomputer spinnt, durch den Regen sind die Kontakte so feucht, dass der zwischenzeitlich gar nix mehr sagt. Also anhalten, trocken wischen, weiter, bis der Zähler wieder 0 anzeigt. Im Norden kann ich schon seit einiger Zeit den Qualm der „Wolkenfabrik“ erkennen.
Könderitz, es wird heller, der Regen hört auf. Im Süden schwarzer düsterer Himmel, im Norden kommt die Sonne heraus. Döbitzschen, die nächste Pause im Bushäuschen. (17:25 Uhr, 254,00 km, 10:55 Std.) Mir geht es gut, ich hatte zwar eben einen kleinen Hungerast, aber nachdem ich mich mit Nüssen, Möhren und Schwarzbrot vollgestopft habe und ausreichend Power-Apfelschorle getrunken habe, geht es wieder gut wie am Morgen.
Das beeindruckt mich immer wieder von Neuem, wenn man einen ganzen Tag so sparsam gefahren ist, dass man jetzt, nach 254 Kilometern eigentlich noch Einiges dazu packen könnte und nicht befürchten muss, vom Rad zu fallen.
Kühl ist es, aber mir wird auf der Weiterfahrt rasch wieder warm, Langendorf, gruseliges Kopfsteinpflaster, ringsum nun Braunkohlenbergbaulandschaft – nicht schön…
Prößdorf, Lucka, die Strecke kenne ich jetzt, Heuersdorf, es rollt und rollt. Deutzen, Lobstädt, kleine Erinnerung an meine Tour zur Steilen Wand von Meerane im Februar. Die war auch toll. Eula, Braußwig, nun rufe ich zu Hause an, ich schätze , noch eine Stunde zu brauchen. Den Kindern geht es gut, sie scheinen mich nicht zu vermissen und sehen fern. Na mäg…
Die Sonne scheint, mir geht es ebenfalls blendend. Müde bin ich, zugegeben, Höchstleistungen vollbringe ich heute nicht mehr, jeder kleine Anstieg bremst mich jetzt ein wenig aus. Aber immer noch ist alles weniger anstrengend als erwartet. Gemütlich rolle ich also nun die letzten dreißig Kilometer im Abendsonnenlicht aus.
Die kleine Krise, die aufkommenden Zweifel nach 280 Kilometern habe ich erwartet, die lächle ich weg, das ist nur jetzt dieser Moment, das gibt sich wieder. Die magische 300-er-Grenze erreiche ich zwischen Belgershain und Threna. 
20:10 Uhr bin ich wieder zu Hause, auf dem Fahrradcomputer stehen 314,05 Kilometer in 13:16 Stunden Netto-Fahrtzeit.
Damit ist diese Tour die bisher längste Tages -Radtour, die ich jemals gefahren bin.

Die Route auf gpsies.com

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