Spreewaldmarathon 2010
Es ist unglaublich, obwohl es nun schon meine dritte Teilnahme ist, wie intensiv sich wochenlang vorher bei mir schon eine innere Spannung aufbaute. In diesem Jahr erhöhte sich das dann zusätzlich durch den langen Winter und der noch größeren Unsicherheit, ob und wie ich den Spreewaldmarathon fahren würde. Aber die Karfreitags-Tour war ein Erfolg, war sehr lang und schön und verlief ohne Nachwirkungen, war also ein Indiz, dass die Fitness doch schon ausreichend vorhanden war.
Und trotzdem…
Jetzt, da der Spreewaldmarathon vorbei ist, breitet sich ein sehr entspanntes Gefühl aus. Draußen scheint die Sonne, es war alles gut, es war schön und erfolgreich. Nun können das Frühjahr und der Sommer kommen. Und die Vorfreude auf angenehme Touren abends oder den einen oder anderen privaten Marathon wächst. Es gibt keinen Druck mehr, den ich mir nicht selbst verursache.
Samstag, 17.04.2010
Unser Quartier ist in diesem Jahr nicht so toll wie 2009, eine Plattenbauherberge am Rand von Lübbenau, aber was soll’s. Wir schlafen nur hier und bei dem Massenandrang an diesem Wochenende können wir vermutlich froh sein, etwas in günstiger Preislage gefunden zu haben.
Nach unruhiger Nacht in dem hellhörigen Gebäude bin ich rechtzeitig wach. Der Himmel ist blau, wolkenlos, die Sonne scheint schon. Und das Frühstück schmeckt auch… Eine Schranke haben wir heute morgen nicht als Hindernis, nur die Frontscheibe muss freigekratzt werden.
Ich fahre bis Lübben, Uwe bringt unser Auto zurück, als ich dann dort auf dem Parkplatz ausgestiegen bin und zum Start rolle. Es ist genügend Zeit, noch ist es kühl, der Wind weht aus Nordwest. Die Festwiese ist schon mit mehreren hundert Fahrern gefüllt.
Dann, acht Uhr, ertönt das „Auf die Gurke, fertig, los“… Einfach ein gutes Gefühl, sich nun im Peloton von vielleicht 400 Fahrern zu befinden und allmählich auf Lübbens Straßen zu sortieren.
200 Kilometer liegen wieder einmal vor uns.
Es ist wie immer, eine erste große Gruppe löst sich bald und ward nicht mehr gesehen. Die zweite Hälfte fährt mit einem Schnitt von über 30 km/h gen Westen. Es rollt trotz leichtem Gegenwind vorzüglich, so nach und nach sammeln wir Versprengte der ersten Gruppe auf, Einige bleiben jetzt schon zurück. Die Strecke ist bekannt, zunächst westwärts bis Golßen, dann ein Stück Bundesstraße und dann nordöstlich nach Krausnick, durch die Wälder.
Schön in Krausnick und auch an den folgenden Kontrollpunkten wieder die einwandfreie Verpflegung, belegte Brote, Energie- und Schokoriegel, Obst, Äpfel, Bananen und natürlich Spreewaldgurken. Dazu ausreichende Getränke, Cola, Apfelschorle, Wasser, Tee… (49,39 km; 1:34:56; 9.35 Uhr) Es wird allmählich auch wärmer, angenehmer, aber auch der Wind wird etwas kräftiger.
Nach der kurzen Pause geht es bis Schlepzig noch ganz gut, dann aber haben wir heute einen etwas geänderten Routenverlauf, es geht nun streng nach Norden mit Wind schräg von vorn, nach Neu Lübbenau. Das ist schon recht anstrengend. Leider ist auch keine Gruppe in der Nähe. Aber dann holt mich Einer aus dem Erzgebirge ein, den frage ich, ob wir ein Stück zusammen fahren und so geht es dann ganz gut. Abwechselnd führend gelingt es uns sogar, eine vor uns fahrende Gruppe einzuholen. Allerdings lassen wir dabei einige Körner, auch ihm geht es dann nicht so gut.
Und ich spüre die Beine jetzt, nach 70 Kilometern schon. Lange halte ich das nicht durch. Euro-Camp, nächster Halt, wieder ordentliche Verpflegung, man ist den vielen Helfern hier richtig dankbar dafür. (71,80 km, 2:16:47; 10.35 Uhr)
Nun nach Süden, mal mit, mal ohne Gegenwind, einige Minuten versuche ich, drei Leuten zu folgen, aber die sind zu stark für mich, also lasse ich mich abfallen. Doch einige Zeit später, am Briesensee, dessen weißer Sandstrand herrlich durch die Bäume schimmert, kommt die nächste (größere) Gruppe, Einer von denen, mit dem ich am Morgen kurz sprach, ruft mir zu, zu folgen und das klappt dann. Allerdings ist das Gruppenfahren recht anstrengend. Gerade in Kurven oder an Kreuzungen, wenn stark abgebremst werden muss und nach der Kurve oder Abbiegung die starken führenden Leute schon wieder richtig Gas geben, hat man zu tun, die sofort entstehende Lücke wieder zu schließen. Und das ist heftig auf die Dauer. Zudem überholen wir jetzt pausenlos auch die anderen Radler der kleineren Runden, die zu zweit oder zu dritt nebeneinander die rechte Spur dicht machen. Aber bald ist Straupitz erreicht. Mittag!
Plinsen, und trinken, trinken, trinken. Ich spüre jetzt schon, dass mich diese Tour heute stärker schafft als im letzten Jahr. In Straupitz nun Menschenmassen, das ist hier der zentrale Punkt, an dem alle zusammen treffen. (103,46 km; 3:18:37; 11.30 Uhr) Allein fahre ich nun weiter. Das ist angenehmer, das Tempo jetzt zur Abwechslung etwas herunter zu nehmen und selbst zu bestimmen.
Erfahrungsgemäß ist die 60-km-„Beule“ über Lieberose für mich immer die anstrengendste. Aber der Wind ist günstig, auch solo ist ein guter Schnitt möglich.
Lieberose (128,92 km; 4:09:57; 12.35 Uhr), das ist fast eine Stunde früher als 2008. Der Kontrollpunkt befindet sich heute mitten in der kleinen Stadt, na auch gut, dann ist der Rest nicht mehr so lang J Trinken, trinken, trinken. Dazu etwas essen, das ist wichtig. Die Bockwurst geht gerade noch, die Schokoladenstückchen sind mir allerdings lieber.
Allein radele ich los, jedoch gelingt es mir zum Glück, bevor die Hügel losgehen, eine Gruppe zu finden, die mit moderatem Tempo fährt und mir genügend Windschatten bietet. Doch der Fairness halber will ich nicht nur profitieren und lasse mich am Abzweig nach Drachhausen, Burg zurückfallen. Etwas später empfinde ich das aber als Fehler, denn der Wind kommt genau aus der Gegenrichtung. Und das schlaucht, das macht mich zunehmend fertig. Die Beine sind schon schwer, aber nun werde ich auch auf 22 – 26 km/h abgebremst. Aber was ich noch erstaunlicher finde, ist die Tatsache, dass mich bis Burg niemand einholt. Bin ich so schnell oder machen die Anderen nur eine ewige Pause? Das werde ich wohl nicht herauskriegen. Die Strecke dehnt sich endlos, Schmogrow-Fehrow, Burg… Es gibt viel freies Gelände, wo es richtig windet. Leider ist in Burg in diesem Jahr kein Kontrollpunkt, immer mühseliger wird das Kurbeln.
Und doch holen mich die Nächsten erst kurz vor Raddusch, dem letzten Kontrollpunkt (ja, auch Lübbenau ist leider gestrichen) ein. Die sind noch etwas frischer als ich. Und in Raddusch gibt es nicht einmal mehr etwas zu essen. Tee ist alle, bis auf Wasser gibt es nix mehr. Das ist ganz schlecht. Ein Glück, dass ich mir in Krausnick ein paar Riegel eingesteckt habe. Ich treffe hier auch Ronald , der mit Max die 70 Kilometer fährt. Noch haben wir 30 km vor uns. (174,58 km; 5:56:15; 14.35 Uhr) Wir erholen uns eine Weile auf den bereit gestellten Bänken in der Sonne, dann breche ich wieder auf. Ein Stück führt die Route nun durchs ehemalige Tagebaugelände, ich bummele ein wenig bei dem Wind, überhole noch einige Familienradler, bis auch mich wieder eine größere Gruppe aufnimmt. Die fahren nun so gut, dass es kein Problem ist, da mit zu kommen. Sofort geht es auch mir wieder besser, Lübbenau streifen wir nur, vorbei an unserer Familienherberge, dann südlich um die Stadt herum auf die Bundesstraße und dann direkten Weges nach Lübben.
Es geht nun noch einmal so schnell, dass die letzten Kilometer kaum zu spüren sind. Klasse, gemeinsam rollen wir in Lüben ein, gemeinsam erreichen wir nun auch das Ziel.
Herrlich… Völllig überrascht kommen meine Mädels gerade vom Plinsenstand entgegen, sie hatten jetzt, 15.53 Uhr noch nicht mit mir gerechnet. Aber ich selbst auch nicht.
Es gibt von einer jungen Spreewald-Trachten-Maid wieder eine goldene Gurke um den Hals. Dafür hat es sich doch gelohnt. Schön war es, ein gutes Gefühl ist sofort da.
202,60 km, etwas weniger als in den Vorjahren, in 6:59:50.
Nun noch ein wenig Genießen des Volksfestes ringsherum, Erholen…
Es war sicher nicht der letzte Spreewaldmarathon.