02.05./03.05.2015
Wer wollte, konnte sich dank Olafs Einladung am 02.05.2015 auf den Sachsen-400er wagen.
Die Teilnehmerschar im Vergleich zu den beiden vorhergehenden Brevets war allerdings dieses Mal recht überschaubar.
12 Uhr, ja Olaf meinte es gut mit uns, er wollte uns eine volle Nachtfahrt gönnen, ist endlich Start.
Und dieses Mal bei Sonne satt!
Es rollt zunächst zügig durch das südöstliche Leipziger Umland, dann in Markkleeberg schwenkt die Route nach Süden. Bis Profen beteiligen wir uns schließlich auf der B2 am Treiben der motorisierten Verkehrsteilnehmer. Leider sind nicht alle von denen nervenstark genug und fallen durch aggressives Fahrverhalten ein wenig aus der Rolle.
Weshalb gibt es diese Gelassenheit hier in Deutschland einfach nicht. Es ist so, als ob man als Radler den Autofahrern auf einer Bundesstraße geradezu ein Teil des existenziellen Minimums rauben wollte, so extrem wird da um jedes Stück „Freiheit“ gekämpft.
Leben und leben… Nein fahren und fahren lassen – das geht offensichtlich nur in anderen Ländern.
Toleranz und Gelassenheit im Umgang miteinander…
Na gut, genug über dieses Thema geschwafelt.
Ab Profen zwischen den Tagebauen hindurch gen Weißenfels bieten alte Förderbücken imposante Einblicke in die mitteldeutsche Braunkohlenabbau-Geschichte. Das ist mindestens ein Foto wert.
Und in der Tanke am Ortseingang von Weißenfels ist für diese Tour der erste Kontrollpunkt angesetzt, wo man die anderen Randonneurskollegen wieder zu Gesicht bekommt.
Via Markröhlitz rollen wir dann flugs hinüber nach Naumburg. Von der Höhe bietet sich ein bei diesem Wetter wunderschöner Blick hinüber ins Saaletal. Schulpforte, Bad Kösen, Burg Saaleck, Rudelsburg, eine tolle Gegend ist das hier, man müsste viel öfter mal…
Dann haben wir tatsächlich schon Bad Sulza erreicht und zwischen all den kaffeetrinkenden und Eis schleckenden Gästen bekommen wir problemlos den „Durchfahrtsbeglaubigungsstempel“ an der Kureinrichtung.
Der erste Stich lauert anschließend auf der Straße nach Auerstedt.
Richtig – Auerstedt – da sorgte Napoleons Armee 1806 für eine größere preußische Niederlage. Deswegen gibt es hier auch ein (Napoleon)-Museum und eine Napoleonstraße.
Die Sonne scheint, die Rapsfelder blühen unter einem blau-weißen Wolkenhimmel, der Wind weht milde, und weit ist das frühlingshafte Land der Apachen.
Was kann es also an solch einem Tag Schöneres geben, als Rad zu fahren.
Als wir einigermaßen euphorisch beim ersten Bäcker in Buttstädt keinen Stempel bekommen und deswegen nochmals beim nächsten Bäcker halten, ist die Stimmung einfach super.
Nur mal so vorweg erwähnt… Man soll einfach den Moment genießen!
Denn als es nach Apolda hinüber etwas intensiver über die Hügel gen Magdala geht, fällt es in dieser Laune ziemlich schwer, zu akzeptieren, dass es nicht so weiter gehen wird.
Wo es rauf geht, geht es (meistens) auch wieder runter. Doch das Runter hält sich mittlerweile in Grenzen, und ehe der Höhenzug zum Saale-Seitental überquert ist und wir es wieder bergab nach Kahla rollen lassen können, ist einige Anstrengung gefragt.
Zumindest bei mir – Thomas steckt die Anstiege offensichtlich wieder etwas entspannter weg.
Hmmm – dass dann auch allmählich der Widerwillen gegen feste Nahrung zunimmt, war fast klar…
Ein Riegel geht gerade mal so. Aber das reicht nicht so richtig, um bis Pößneck hinauf gut weiter zu fahren. Nach Kahla hinab und im dämmrigen Saaletal, langsam wird es dunkler, ist alles so weit noch ok. Und auch das wunderbare kleine Tal hinauf nach Hütten lässt sich in der Abendstimmung noch gut genießen.
Kontrollfrage – was steht auf der Fahne an der Jugendeinrichtung?
Zum Glück gibt es hier nur eine Fahne… Hell genug zum Lesen ist es gerade noch.
Aber in Pößneck selbst, gelingt es doch nicht mehr, die Bockwurst komplett zu verspeisen. Das übliche Dilemma – Anstrengung – Essen geht nicht – wo soll also die nötige Energie herkommen…
Das rächt sich nun am nächsten Anstieg. Wie weit geht es denn diesen dämlichen Berg hier im nächtlichen Dunkel noch hoch?! In mir sträuben sich alle Sinne gegen diese merkwürdige Art von Beschäftigung, sich mitten in der Nacht irgendwelche Berge hinauf zu schinden.
Kontrollfrage: wer ist hier wirklich dämlich – der Berg oder…???
Spaß macht das zur Zeit überhaupt nicht, zumal es nun auch immer kälter wird.
Irgendwann ist es trotzdem überstanden. Die Gegend bis Auma ist wieder bekannt, nur war es im letzten Jahr an dieser Stelle etwas heller, so dass man die Landschaft wirklich genießen konnte.
Ab und zu nähern sich von hinten gespenstische Grüppchen von außergewöhnlich großen Glühwürmchen, ziehen an uns vorbei und entschwinden gaaanz langsam mit ihren roten Hinterteilen wieder in der Nacht.
Ach nein, das waren die Randonneurskollegen…
Einige deftige Anstiege, Flüche und eine Schiebeeinlage weiter, laut Thomas ist es schon halb drei, haben wir das Gefühl, dass die Müdigkeit zu groß wird.
Aber wie für uns gemacht, hat da mitten in der Pampa an der Strecke ein EC-Hotel nur für uns geöffnet. Und da drinnen ist es auf jeden Fall viel wärmer als hier draußen.
Also ist Ruhepause angesagt.
Besser mal ne 3/4-Stunde die Augen zumachen und aufwärmen, als draußen weiter herumzueiern und einen Unfall zu riskieren.
Man sollte es nicht glauben – so ein Päuschen ist tatsächlich Gold wert. Man friert nicht mehr, man ist wieder wach (!!!) und konzentriert. Topp.
Einigermaßen gut gelaunt kurbeln wir nun weiter durch Werdau, Crimmitzschau aus dem Pleißetal hinüber ins Muldetal.
Es hat etwas Belebendes, aus dem Nachtdunkel in einen erwachenden Tag hinein zu fahren, es ist immer wieder faszinierend, wenn sich am östlichen Nachthimmel erste Lichter zeigen und in Kürze die Sonne und ihre Wärme zu erwarten ist.
Zunächst spendet uns aber die Tanke in Glauchau ihre Wärme. Eine Büchse Mischobst und heiße Schokolade sind jetzt die Rettung. Etwas in den Magen bekommen. Und der scheint hocherfreut über den Nachschub und bedankt sich mit einem Form- und Motivationsschub.
Was denn, sooo schlimm war es doch gar nicht.
Wir freuen uns über das Wiedersehen mit den Randonneurskollegen, u.a. auch den Radlausickern (sehr lesenswerter Blog) die auch zum Teil irgendwo mal ne Schlummereinheit eingelegt haben und nun pünktlich hier am Treffpunkt erscheinen oder hier unter dem Tisch noch ein Nickerchen machen. Ein angenehmer Tagesbeginn.
Derartig gut gelaunt sollten die letzten hundert Kilometer auch noch zu schaffen sein. Zumal jetzt auch die aufgehende Sonne dafür sorgt, diesen Tag zum einem schönen zu machen.
Mit frischen Kräften geht es nun wieder auf die Piste, Rochlitz, Colditz, es rollt, den verbliebenen Kräften angemessen, ganz gut.
Colditz – Leisnig – Mist, da hat der Routenplaner noch ein paar Hügel eingebaut… Aber warum nur einfach und die Talstraße nutzen, wenn es auch anspruchsvoller geht.
Mügeln… Blick zum Collmberg – nein, der muss heute nicht mehr sein.
Oschatz.
Die Endkontrolle ist erreicht. 10.42 Uhr – vier Stunden vor dem Zeitlimit.
Der Sachsen-400er ist Geschichte.
In Bennewitz müssen wir nun nur noch die Brevet-Karten einwerfen.
Und es gibt noch ein Flens (ohne) zum Abschied.
Mit Rückenwind :-)) wird dann ganz genießerisch bis nach Hause das erste Brevet-Teilstück von gestern Mittag „nachgearbeitet“ (inkl. Ausblicken auf unsere schöne Umgebung im Osten der großen Stadt).
Das dritte (vierte – mit dem 600er vom Vorjahr) Bausteinchen für eine mögliche Teilnahme an PBP 2015 ist gesetzt.
War es schön?
Die Mischung macht den Reiz – schöne Momente gab es genug – gerade, wenn man es nicht nur ausschließlich unter dem sportlichen Aspekt sieht, sondern sich auch mal zehn Minuten Zeit nimmt, die Landschaft und Natur, durch die man reist, zu bewundern. Oder die Treffen mit den Randonneuren in den einschlägigen Tankstellen Mitteldeutschlands…
Und es gab, war zu erwarten, auch wieder mal Momente, in denen man das Rad am liebsten im nächsten Container entsorgt und sich unter eine warme Bettdecke verkrochen hätte.
Wir sind gespannt auf den nächsten Brevet 🙂