Im tiefen Waldtal – oder Wie man sein erstes Polarlicht (fast) verpassen kann

Die Idee, nachts noch einmal spontan hinaus zu gehen und „unser“ idyllisch im tiefen Waldtal befindliches Häuschen unterm Sternenhimmel zu fotografieren, ist völlig spontan. Einerseits aus dem Antrieb heraus, ein von diesem Ort noch nie gemachtes Foto zu kreieren, andererseits aus dem Grund, Stativ und den ganzen anderen Kram nicht völlig umsonst hierher mitgenommen zu haben, steht der uHu halb elf im dunklen Wald und lichtet das Häuschen und sein Drumherum ab. Noch ein Blick nach oben zum Sternenhimmel, der nur begrenzt zwischen den Baumwipfeln sichtbar ist und wieder hinein. Es ist empfindlich kühl hier draußen.
Aus Erfahrungen etwas klüger geworden, erübrigt der uHu vorher jedoch besser noch einen Blick aufs Display – könnte ja sein, dass man das Foto wiederholen muss.
Was zum Geier?!
Was ist das hier in Tschechien für ein merkwürdiges Licht, lila, rosa, rot. Das verschmutzt den ganzen Himmel! Die Lichtglocken der benachbarten Gemeinden sind doch eher gelblich-orange!
Aber ausgerechnet lila, rot – das sieht schon sehr eigenartig aus.
Stativ wieder aufstellen, noch ein Foto – und besser noch eins.
Auf dem ersten sieht das ähnlich merkwürdig aus, auf dem zweiten ist der Himmel recht normal gefärbt.
Ist das ein Lichtreflex vom Haus?!
Ist die Kamera, der Sensor defekt?! Der schlimmste aller denkbaren Fälle…
Reichlich verunsichert werden rasch noch ein paar Bilder gemacht. Aber auf fast allen tritt dieser sich leicht in der Form verändernde Lichtreflex auf. Bitte lass es nicht um den Sensor geschehen sein…
Drinnen werden den Anderen die Bilder gezeigt, die Reaktion fällt sehr sparsam begeistert aus. Nun denn… Es soll wohl nicht sein.
Oder? Eine ganz schräge Variante gäbe es da noch. Aber nein, das ist vollkommen undenkbar, und wenn doch, dann wären wir hier in Böhmen sicher weit davon entfernt vomn der möglichen Sichtbarkeit. Der uHu wagt kaum, das Wort in Gedanken zu fassen – könnten das Polarlichter sein?
Nein! Doch! Ohhhh! – um es in Loius de Funés‘ Worten auszudrücken.
Doch, vielleicht…
Einer der Reisegefährten meint, es hätte in den Online-Medien gestanden, dass wegen einer heftigen Sonneneruption… Nein! Doch!
Aber hier am Ende der Welt im tiefen Waldtal gibt es kein Internet – oder nur kaum. Woher also sicher wissen.
Noch einmal hinaus. Jetzt ist es auch mit den Augen zu erkennen. Der Himmel hinter den Bäumen schimmert rot, die Farbe verändert sich langsam, wird stärker, schwächer. Kein Zweifel mehr.
Doch!!!
Schnell die Anderen heraus getrommelt. Die sind müde, schauen sich das aber auch an, dieses mit bloßem Auge nur grau-rötliche Geschleiere da oben. Die Kamera sieht da viel mehr. Wieder einmal.
Und dann scheint der ePlus-Satellit genau über uns zu stehen und schenkt dem uHu ein paar Minuten Internet-Verbindung, in der die ersten Bilder der anderen Fotografen aus Gera, Chemnitz und der Gegend um Leipzig eintrudeln.
Kaum zu beschreiben – sie hätten einen Dichter schicken müssen – meinte schon Jodie Foster in „Contact“ – so wunderschön.
Und wir sitzen hier im dunklen Waldtal.
Hier ist es zwar auch schön, aber der nächste Hügel mit besserer Aussicht ist nur wenig entfernt. Nur gerade jetzt eben zu weit.

(die Konsequenz ist nunmehr eine regelmäßig überprüfte Polarlicht-App auf dem Handy. Es sollte doch hoffentlich noch eine Chance in diesem Sommer geben. Oder eben später.)