Samstag, 20.04.2013
Ich werde, wie immer, auch ohne Wecker schon recht zeitig wach. Da wir halb acht nach Lübben zum Start fahren wollen, stehe ich lieber gleich auf, ehe es mit meinen Frauen in ein paar Minuten zu eng und hektisch wird. Und so sitze ich dann schon am Tisch und frühstücke, als sich meine Mädels aus den Betten quälen. Uwe kommt gegen 7 Uhr herüber, verschmäht jedoch meine von zu Hause mitgebrachten prima handgeschmierten Leberwurstbrote und isst lieber seine Salzbrezel.
Das Bauernfrühstück gestern Abend im Restaurant war übrigens auch nicht von schlechten Eltern, aber ihm liegt das und vermutlich ein Bierchen zuviel noch ein wenig schwer im Magen.
Halb acht sitzen wir dann wirklich wie geplant in den Autos, die Schranke geht auch auf und dann fahren wir hinüber nach Lübben.
Die Sonne scheint, es sind derzeit 4°C, das ist auszuhalten. In vergangenen Jahren hatten wir manchmal auch leichten Frost am Morgen.
Minuten später sind wir in Lübben und bauen auf dem Parkplatz am Burglehn die Rennräder zusammen.
Die Mädels folgen uns kurz darauf, sie haben im Hotel am Hafen Frühstück bestellt, wofür sie sich bis zum Start 10 Uhr Zeit lassen können.
Uwe und ich sortieren uns indessen auf der Festwiese wie gewohnt hinter den schicken und schnittigen Rennern fast am Ende des Feldes ein.
8.30 Uhr
„Auf die Gurke, fertig, los…“
Eigentlich könnte man erst einmal bis zur Straße vor schieben, ehe sich alle 637 Teilnehmer der 200er-Strecke sortiert haben. Na ja, irgendwann rollt es doch…
Dieses Gefühl, bei den 200ern wieder dabei zu sein, ist schon großartig.
Infolge einer Straßenbaustelle werden wir zunächst durch das Stadtzentrum mit Kopfsteinpflasterbelag geleitet, dann beschleunigt das Feld auf der Straße, auf der wir gen Westen Lübben rasch verlassen. Die ganz Schnellen sind schon weg, trotz meines Vorsatzes, heute nicht in einer Gruppe mit zu fahren, um die Sturzgefahr zu minimieren, heften wir uns bald darauf an ein paar Leute, die ein auch für uns gutes Tempo von knapp über 30 km/h fahren. Nur nicht übertreiben.
So rollt es gut, die Gruppe bleibt zusammen, gen Westen, Kasel-Golzig, dann nach Norden und dann wieder nach Osten. Soooo weit hinten sind wir gar nicht. Trotz fehlender Form überholen wir etliche Fahrer, es kurbelt sich leichter, als erwartet. Zwischenzeitlich, als „Rücklicht“ der Gruppe, schwätzen wir miteinander oder mit dem Liegeradfahrer, der ebenso entspannt neben uns herrollt. Der hat hier einen Verleih, vielleicht sollte man es mal im Sommer, wenn wir im Urlaub hier sind, probieren.
So erreichen wir bald Krausnick.
41,77 km, 1 :23:38 Std, ca. 09:55 Uhr
Gedränge am Stempeltisch, belegte Brote, Cola, Wasser, Fruchtlimonade, freundliche freiwillige Helferinnen, die uns bestens versorgen, schön ist es heute wieder. Wir machen nur kurz Pause, schließen uns dann ein paar Fahrern an, die ziemlich zügig fahren, an denen wir aber noch ganz gut dran bleiben können. So vermeiden wir, als es nach der Durchquerung des Unterspreewalds hinter Schlepzig nach Norden geht, den lästigen Gegenwind, haben zwar in den Kurven das „Ziehharmonika“-Problem, was die Oberschenkel arg beansprucht, sparen aber trotzdem wertvolle Körner. Leider sehen wir kaum Störche dort, wo letztes Jahr etliche zu entdecken waren.
Doch als die Gruppe wieder größer wird, nimmt auch das Sturzrisiko auf Grund des Stop- and Go-Fahrens wieder zu. Die Kopfsteinpflasterpassagen in Wittmannsdorf bringen noch ein wenig Paris-Roubaix-Feeling, ehe wir dann schnell den Kontrollpunkt am Eurocamp Groß Leuthen erreichen.
11:05 Uhr, 72,39 km, 2:23:30 Std.
Ein wenig spüren wir die Beine, aber das war am zweiten Kontrollpunkt bisher immer so. Eine etwas langsamere Gruppe wäre jetzt ganz gut. Aber nach der Rast, bei der ich mir auch ein paar „Gummibärchen“-Drinks einflöße, bolzen die Leute, bei denen wir mitfahren, wie die Wilden los. Nicht so toll und nachdem wir Briesensee, Alt Zauche und Wußwerk durchquert und einige Gruppen aufgesaugt haben, lassen wir es ein paar Kilometer vor Straupitz abreißen, als sich eine etwas langsamere Gruppe absondert und neu formiert.
Das Gedränge in Straupitz ist riesig, die Brote sind fast alle, die Plinsen sind alle, der Kaffee auch gerade…
Schade, darauf hatte ich mich gefreut, aber da wir eine halbe Stunde später gestartet sind, sind die anderen „Heuschrecken“ schon durch und da blieb nun nicht viel übrig.
12:05 Uhr, 103,83 km, 3:20:11 Std.
Mangels Kaffee und Plinsen verkürzen wir die Pause, fahren weiter und das nun erst einmal zu Zweit.
Eine Gruppe überholt uns, die sind zu schnell. Erst im Wald hinter Butzen sehen wir vor uns eine kleine Gruppe, der wir uns nähern. Vier Leute, denen wir uns anschließen und ein wenig Kreisel spielen.
So fährt es sich sehr entspannend für alle, wir sind nicht zu schnell, obwohl auch wir einen 30er-Schnitt haben. Allesamt sind sehr sympathisch und es gibt viel zu erzählen.
Schön, das macht wirklich Spaß – bei dem gleichmäßigen zügigen Fahrstil hat man immer noch Luft zum Erzählen.
Die schlechte Asphaltpiste und etwas hügelige Passage bis Lieberose wird noch einmal hart, dann ist schon wieder Pause.
13:15 Uhr, 129,48 km, 4:13:53 Std.
Es gibt Bockwurst. Lecker…
Und immer noch ist es warm und die Sonne scheint, so dass ich nun sogar Jacke und Beinlinge ausziehen kann.
Mit unseren vier Langstreckenfahrern geht es nun angenehm und im moderaten Tempo weiter, nachdem wir uns noch über den laut brüllenden Kleinbürger amüsiert haben, der sich mit den Radlern anlegt, welche die Räder an sein schlecht verputztes Haus lehnten. Übrigens holte der sogar noch die Polizei, die in eine sehr missliche Situation geriet, weil die Region ja auch die radfahrenden Gäste braucht.
In Fehrow, dem neuen Kontrollpunkt stoppen wir dann lieber noch einmal, bis Raddusch ist es erfahrungsgemäß eine lange Durststrecke.
Mit den schnelleren Gruppen 2011 und 2012 fuhren wir hier stets durch, eigentlich schade, denn die netten Frauen haben alles gut im Griff, es gibt sogar Schokolade. Und welch ein Glück, dass wir hier Pause machten, denn, nachdem wir Burg durchfahren haben und nach dem Spreewaldausläufer ins offene Gelände kommen und Raddusch erreichen, stelle ich verwundert fest, dass irgendetwas komisch ist. Wir sind schon durch Raddusch durch, aber kein Kontrollpunkt war zu sehen…
Sind wir falsch gefahren? Nein, die Pfeile sind eindeutig, es folgt der ehemalige Tagebau, der große See, die Slawenburg.
Lübbenau, erst Bundesstraße, das ist mit dem Autoverkehr nicht so schön, danach Plattenstraße an der Arbeiterherberge vorbei und am Spaßbad „Spreewelten“ ist kurz darauf schließlich die letzte Pause. Dort spielt sogar eine Blasmusikkapelle.
Ca. 190 Kilometer haben wir absolviert. Ich habe Probleme mit der Kohlensäure der Cola, zwinge mir aber doch noch wenigstens ein Speckfettbrot hinein 🙂
Nun nehmen wir gemächlich die letzten Kilometer unter die Räder, ab Ragow lauert das letzte Stück Bundesstraße bis Lübben, hier weht der Wind frontal von vorn. Dann die letzte Kopfsteinpflasterpassage, die Straßenbaustelle und schließlich rollen wir gemeinsam und langsam über die Brücke und erreichen die Festwiese.
Dort empfängt uns der Animateur mit Mikro und eine Herde kreischender Cheer Leader.
Schrill und lustig. Das Pünktchen auf dem i.
16:25 Uhr, 207,13 km, 6:57:29 Std.
Die Beine sind ok, der Hintern auch… Wunderbar!
Der erste Radmarathon 2013, der erste nach dem Unfall!
Ehe wir uns verabschieden, gibt es noch die goldene Gurke um den Hals und Abschiedsfotos.