12.09.2022 – Villach – Venzone
Zugegeben, vor dieser Etappe habe ich schon einen gewissen größeren Respekt.
Nach Bad Gastein hinauf, das war das Eine, das waren aber lediglich wenige Kilometer, die es richtig aufwärts ging. Zudem war die Etappe mit 56 km recht kurz.
Aber heute stehen fast 90 km (ja, früher waren das am Tag viiiiel mehr, aber das ist schon ein paar Jährchen her) auf dem Plan und davon geht es 30 km nur bergauf.
Also bin ich zumindest schon halb sechs, eine Stunde vor dem Weckerklingeln wach und mache mir so meine Gedanken. Fahren wir den ausgeschilderten Bogen an Drau und Gail entlang oder kürzen wir diese an sich unnötige Schleife direkt durch Villach ab und sparen uns so 5 Kilometer, was sich im Nachhinein vielleicht positiv auswirken könnte?
Taschen abgeben, reichlich frühstücken, auf geht es.
Heute sind wir bereits 08.30, fast eine Stunde früher als sonst, auf der Piste. Aber die Etappe heute wird lang.
Wir fahren direkt durch Villach und sparen so ein paar Kilometer ein, als wir auf den Gail-Tal-Radweg treffen.
Der Weg an der Gail entlang ist schön, aber sachon nach recht kurzer Zeit weichen wir davon ab und nun kurbeln wir langsam und allmählich an der Straße nach Tarvision bergauf.
Östlich der massige Dobratsch, westlich und südlich immer wilder aussehende Gipfel im Dreiländerecke Italien, Österreich, Slowenien. Die könnten auch schon zu den Julischen Alpen zählen.
Zwisachenzeitlich treffen wir auf zwei Rennradler, ein Deutscher, mit dem wir eine Weile schwätzen und sein polnischer Kumpel. Beide wollen mit FunActive-Tours auch nach Grado, sind aber auf eigenen Rädern unterwegs. Wir sehen auch sie zum Beispiel in Palmanova wieder. Sie halten sich ein paar Kilometerchen in meinem Schlepptau und entschuldigen sich fast dafür, dass sie als „Hinterradlutscher“ fuhren, als wir eine Fotopause einschieben.
10.28 erreichen wir die italienische Grenze bei Arnoldstein.
Toll, was soll jetzt noch anbrennen.
Ringsum wilde Gipfel, ein herrliches Tal und eine sanft ansteigende Passstraße. Ne, gerade mal nicht, das waren mindestens 15%, die ich mit Untersetzung aber auch schaffe.
Irgendwo haben wir im Enthusiasmus plötzlich den Weg verpasst, was uns einige giftige Anstiege auf kleinen Sträßchen einbringt, ehe wir bei Tarvisio die richtige Route wieder erreichen.
Und dann ist da dieses eigenartige Tor über dem Radweg, der elektronische Zähler hat bei 8888 versagt, aber egal.
Und dann – dann geht es ab 820 Metern Passhöhe abwärts ins endlose Kanaltal.
Und das ist wunder-wunderschön, der Radweg verläuft auf einem ausgebauten Bahndamm, durch zig, mehr als 20 Tunnel, über alte Eisenbahnbrücken und vorbei an stillgelegten, teilweise zu Bistros umfunktionierten Bahnhöfchen.
Inmitten der Täler breite Schotterflussbetten und teilweise nur kleine Rinnsale.
Das ist tatsächlich landschaftlich und auch radwegmäßig nicht mehr zu übertreffen.
Endlos lange rollen wir oder kurbeln mit geringem Aufwand, ab Pontebba, hier spielten sich auch im ersten Weltkrieg furchtbare Gefechte ab, wird das Tal noch enger, die Hänge steiler und wilder. Tunnel, fantastische Seitentäler mit hohen Felsgipfeln am Ende, Tunnel, Tunnel, Tunnel, ein Wasserfall, drüben die Autobahn nach Udine und die ersten italienische Dörfchen mit ihren bemerkenswerten Kirchtürmen.
Irgendwann einmal in der Sonnenwärme machen wir Rast im ehemaligen Bahnhof von Chiusaforte zu Lemon Soda und Cappucino im Kreise vieler bekannter Alpe-Adria-Radler. So schön kann das Leben sein.
Ein leichter kühlender Gegenweind weht talaufwärts, aber bis Portis, kurz vor Venzone ist es nicht mehr weit.
Nur dass wir die stark und schnell befahrene große Nationalstraße auf den letzten Kilometern nutzen müssen, ist weniger schön.
Im Hotel gibt es wieder ein gutes Zimmer und ein schönes Abendessen.
Alles ist gut, und morgen geht es aus den Alpen heraus. Wir sind über den Berg.
Tagestour: 86,63 Kilometer











Was für eine schöne Landschaft! Und Hut ab, dass ihr diese Etappe so bravourös gemeistert habt. Bei den 30 Kilometern bergauf bin ich richtig ins Schwitzen geraten. 😉
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Danke und keine Sorge, nun geht es flacher und entspannter weiter 😉
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Das ist wirklich ein toller Abschnitt. Aber auch der anschließende Teil, das Tagliamentotal ist eindrücklich. Insbesondere der Flusslauf ist außergewöhnlich. Es ist einer der letzten – wenn nicht der letzte Wildfluss der Alpen, der sich seinen Weg im ausgedehnten Schotterbett immer wieder neu suchen darf.
Viele Grüße Horst
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Da hast Du absolut Recht. Wir sind dem Flusslauf bis kurz hinter Gemona gefolgt und dann durch die Weinberge bis Udine gefahren.
Diese Art Flussläufe sind leider selten geworden.
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Tolle Beschreibung- ich war fast mit dabei 🙂 ganz tolle Fotos
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Danke Dir 🙂 Die Landschaft und die Route nach Italien hinein hat uns auch extrem gut gefallen.
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Wow, die Etappe sieht echt schön aus!
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Auch wenn man die Landschaften nicht unmittelbar vergleichen kann, war das von der Bergwelt und auch vom Wetter her die schönste Etappe.
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Tolle Bilder, besonders gut gefällt mir das mit der Brücke. 🙂
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Danke Dir, an Motiven war in diesem herrlichen Tal kein Mangel. 🙂
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Schöne Bilder, aber 30 km bergauf, das sollte wirklich zählen…. Respekt dafür!
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Danke 🙂 Der Anstieg war bis auf wenige Ausnahmen nur ganz allmählich. Wenn man den eigenen Rhythmus gefunden hat, lässt sich das recht entspannt fahren.
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Ab jetzt geht es bergab zur Adria. Springt ihr am Schluss ins Meer? 😄
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Auf jeden Fall – aber das wird nicht veröffentlicht 😉
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