Die Jagd auf C/2022 E3 (3)

01.02. 2023
Erstens kommt es anders. Und Zweitens, als man denkt.
Zumindest so ungefähr.

Das Wintergewitter kommt überraschend. Plötzliche Finsternis, Blitz, Donner, Sturmböen und ein heftiger Regen-Schnee-Gemisch-Schauer. In einigen Städtchen unweit von uns soll es Bäume umgelegt und Ampelanlagen komplett zugeweht haben…
Und danach? Bleibt es finster… Aber völlig unverhofft ist ein absolut sternklarer Himmel zu sehen. Wer weiß, wie lange diese Phase anhält. Also nichts wie hinaus, das Stativ auf dem rutschigen Untergrund aufgebaut und nach Gefühl Kamera in Richtung Polarstern ausgerichtet. Mit dem 105er-Objektiv sollte doch der Komet…
Nein, noch nicht, auf der Aufnahme ist auch nix, klar, er ist ja auch schon wieder ein ganzes Stück weitergezogen, also heißt es, in dieser Richtung suchen. Jaaaaa. Da ist er.
Ziemlich deutlich, er ist sogar gut auf der Einzelbelichtung zu sehen.
Mit bloßem Auge ist er dagegen nicht zu erkennen, möglich, dass es heute mit einem Fernglas funktioniert. Mit einer scheinbaren Helligkeit von 5,5 mag (https://www.ardalpha.de/wissen/weltall/astronomie/sterngucker/scheinbare-helligkeit-absolute-magnituden-mag-sterne-sonne-100.html) ist er vergleichsweise hell, obwohl er nicht an Neowise heran kommt (dessen geringste Entfernung zur Erde war ca. 103 Mio. km, seine scheinbare Helligkeit betrug 1,1 mag – die Venus als nach Sonne und Mond von uns aus am hellsten erscheinender Himmelskörper hat z.B. -4,4 mag, die Sonne -26,8 mag) Das menschliche Auge kann unter günstigen Umständen (also stockdunkler Nacht und kaum Lichtverschmutzung) bis maximal 6,5 mag wahrnehmen.
Wie zu in den einschlägigen Medien zu lesen ist, ist C/2022 E3 heute mit „nur“ 42 Mio. km Entfernung, der Erde am Nächsten, ehe er wieder für die nächsten 50.000 Jahre in den Tiefen des Alls entschwindet. Und dass sich nun ausgerechnet heute eine volle Stunde lang diese Fotomöglichkeit ergibt, ist ein Volltreffer oder Punktlandung.
Wie über das Deutsche Zentrum für Luft- und Raumfahrt (DLR) zu erfahren ist, ist der Komet nur rund einen Kilometer groß, ihn umgibt aber eine ca. 50.000 Kilometer messende, grünlich schimmernde Teilchenhülle (Fachbegriff: Koma). Ursache dafür: Wenn sich der Komet der Sonne nähert, lösen sich bei der Erwärmung Partikel aus seinem Eis, die diese grüne Farbe bewirken.
C/2022 E3 (ZTF) wurde erst 2022 vom Palomar Observatorium in den USA mit Hilfe eines Programms ( Zwicky Transient Facility (ZTF) ) entdeckt, welches immer und immer wieder den Himmel aufnimmt und damit Veränderungen feststellen kann. (siehe auch hier – Abenteuer Astronomie – https://abenteuer-astronomie.de/zwicky-transient-facility-laeuft-alle-veraenderungen-am-himmel-fast-live/)

Während die Kamera ununterbrochen ihre Arbeit verrichtet, die Temperatur unter Null sinkt, lässt sich die ISS so nebenbei noch „neben“ dem Kometen blicken und ein kurzer Blitz, nein das Gewitter ist nicht zurück, das war eine Feuerkugel, gerade so noch in der Ecke der Aufnahme sichtbar… Na das ist doch ein ereignisreicher Abend.

Im Fazit ist wohl weder der grüne Fleck auf dem Foto als vielmehr die Tatsache am Beeindruckendsten, dass eben dieser winzige verwaschene Fleck 42.000.000 Kilometer entfernt ist.

Faszination Astronomie…

16 Kommentare zu „Die Jagd auf C/2022 E3 (3)

  1. Faszinierend! – wie mein guter alter Freund Mr. Spock zu sagen pflegte.

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    1. Dankeschön und Grüße an Mr. Spock 😉

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  2. Danke für diesen weiteren sehr interessanten Beitrag, Lutz 😊 Eine Frage hätte ich noch mal an dich bzgl. deiner Nachführung. Arbeitest du eigentlich mit einer Polhöhenwiege? Ich bin bei meiner Suche auf ein Angebot gestoßen „Montierung MiniTrack LX Quattro NS SET (mit Kugelkopf + Polhöhenwiege)“. Bin mir aber nicht sicher, ob es Sinn macht solch ein Angebot zu kaufen, oder ob ein LX 3 nicht ausreichend wäre. Vielleicht hast du ja einen Tipp für mich.
    Liebe Grüße,
    Roland

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    1. Hallo Roland,
      ich nutze derzeit nur den Kugelkopf, bin aber auch am Überlegen, mir eine Polhöhenwiege zu leisten, weil die das Einnorden erleichtert und die Nachführung viel stabiler hält. Der Kugelkopf ist mitunter doch etwas wacklig. Ich denke, für Nicht-Profis genügt sicher die LX3. Ob die Quattro soooo viele Verbesserungen bringt, weiß ich nicht.

      Liebe Grüße
      Lutz

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      1. Vielen Dank Lutz und liebe Grüße zurück,
        Roland

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    1. Bin auch immer wieder begeistert, was die Kamera da so alles sieht 🙂

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  3. Moin Lutz, das ist ja ein richtiges Entdeckerabenteuer. Vielen Dank für die Schilderung, wie dir die Aufnahmen gelungen sind, vor allem aber d a s s sie dir gelungen sind (und uns teilhaben lassen). Fünf Sterne für Dich!

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    1. Danke für die Blumen Reiner 😉 Ist auch viel Glückssache, dass sich ausgerechnet am 1.2. mal eine Wolkenlücke auftat. Und spannend ist es allemal, was sich am Himmel nachts alles so tut.

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  4. Ich meinte natürlich schöne Bilder 😀

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  5. Ob ein Spiegelobjektiv nicht besser geeignet wäre? Da muss man zwar mehrere Bilder machen aber die kann man ja stacken. Söne Bilder sind es alle mal.

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    1. Bei den Fotos, auf denen der Komet recht deutlich zu sehen ist (abgesehen von der ISS- und der Feuerkugel-Aufnahme) habe ich ca. 30 6-Sekunden-Aufnahmen gemacht und die dann mit 10 Dark Frames zusammen im DeepSkyStacker gestackt.

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      1. Hast Du ein Stativ was sich der Erdrotation automatisch anpasst?

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        1. Ich habe eine Nachführung, den Omegon Mini Track LX3. Aber da hier die Zeit zum Montieren, Einnorden usw. zu knapp war, ich brauche da immer ne Weile, habe ich hier nicht nachgeführt. Und bei 105 mm sind ca 6 Sekunden Belichtungszeit bei 2500 ISO, f 2.8 drin.

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